Tomster 85 – Du bleibst was Du bist

TomsterEs ist Sommer 2015. Ihr wisst schon, das ist der mit den Hitzerekorden. Bei Hitze sollte man sich davor hüten es eilig zu haben. Besonders wenn man gerade frisch geduscht ist. Nun denn: Ich bin spät dran und habe es also eilig. War ihr schon mal im Hochsommer im Münchner Backstage? Und jetzt stellt euch das bei Hitzerekorden vor. Und dann sind ausgerechnet für diesen Abend Gewitter angesagt. Was zieht man da an? Im Idealfall nichts und eine Regenjacke. Aber das geht ja auch nicht so einfach. Die Verknüpfung dieser Überlegungen mit den richtigen Entscheidungen braucht Zeit. Ich habe keine Zeit. Es ist heiß und ich habe es eilig.

Man kann erahnen, dass ich im Backstage auf ein Konzert will. Free & Easy, der Eintritt ist also kostenlos. Es spielt DIE Crossover-Band aus den 90ern. Sagt die Band.
Einlass ist natürlich viel zu früh für die arbeitende Bevölkerung. Trotzdem habe ich den Ehrgeiz pünktlich zu sein. Muss aber vorher heim, weil es so warm ist: siehe oben.  Also habe ich es eilig.

Im heimatlichen U-Bahn Hof angekommen eile ich zum anderen Ende des Bahnsteigs. Nicht weil es dort schöner ist, nur zwecks Zeitersparnis beim späteren Umsteigen.

„HEY JONES! JOOOOHOOOOONES!!“

Geschockt von dieser freundlichen Ansprache haue ich die Bremse rein und tue so, als hätte ich davon nichts bemerkt. Wie auch, ich trage Kopfhörer, höre Musik und nehme meine Umwelt nicht wahr. Außerdem ist mein linker Schuh nicht korrekt gebunden. Ich binde mir also unauffällig beide Schuhe neu. Der hat mich sicher gar nicht wirklich gesehen. Es ist heiß, ich bin eine Fata Morgana.
Als die U-Bahn einfährt stelle ich sicher, dass ich ja in einen anderen Wagen einsteige. Schließlich bin ich Profi und weiß wie ich aus solchen Situationen raus komme. Den Typen bin ich also zum Glück los. Alles richtig gemacht.

Angekommen, Hopfenkaltschale getrunken, Vorband überlebt, nett mit meiner Verabredung geratscht – alle happy. Nur ist die Begleitung leider etwas klein. So klein, dass wir unseren Standort noch vor Konzertbeginn verlagern wollen, damit auch sie etwas sieht. Schön weit nach vorne. Neben die Box. Wie früher. In den 90ern. Doch die 2015er kommt schneller als mir lieb ist. Dort stehen 2-3 Menschen. Alle hacke-dicht. Aber das kennt man ja. Immer schön zur Seite tänzeln, wenn die angetorkelt kommen.

Einer torkelt. Ich tänzel. Er torkelt zurück ich tänzel zurück. Dann spricht er.

„Ich kenn Dich!!“

Kackmist! Ich weiß auch woher. Da ist er wieder: HEY JONES!!

Er torkelt zum Glück weiter. Aber das war mit Sicherheit nicht der letzte Kontakt.  Zwischenzeitlich versichere ich ihm, dass er sich irrt. Ich bin’s, nicht Jones.  Leider gibt er nicht auf. Er kommt nochmal vorbei um sich nach meiner Herkunft zu erkundigen.

„Ich komme aus Giesing. Weißt Du doch! Da sind wir vorhin in die U-Bahn eingestiegen.“

Passt ihm nicht, also erzählt mir meine Lebensgeschichte. Ich weiß jetzt, dass ich aus Trinidad komme. Höchst interessant, denn:

„Einmal Afrikaner, immer Afrikaner. Du bleibst was Du bist!“

Tomster rückt näher und führt seinen Vortrag fort. Nicht ohne mir beim Reden auf die Brust zu klopfen, so wie man das unter Kumpels halt macht. Bin ich froh, dass ich doch mit Kleidung außer Haus gegangen bin. Nun stehe dort wie eine Eins mit pulsirender Halsschlagader und lausche den Weisheiten des Rausches. Nur die Regenjacke habe ich leider nicht dabei. Ich spüre wie eine Schweißperle mein Schienbein hinunter läuft und frage mich, wessen Schweiß das wohl sein mag. Er rückt noch 3cm näher und erzählt mir mehr über mich. Seine feuchte Aussprache ist eine willkommene Erfrischung in der Hitze.

Plötzlich dann die rettende Hand aus der unteren Etage. Krisenintervention aus 1,64m. Meine Begleitung will auch mitmachen. So wird unser spannendes Gespräch jäh unterbrochen und Tomster tänzelt weiter. Falls ihr einen kleinen Bodyguard braucht, kann ich euch jemanden empfehlen.
Und tänzelt wieder her. Und will meinen Namen wissen. Das wäre eine gute Gelegenheit ihm meinen Namen in alter afrikanischer Familientradition vorzutanzen. Aber in der Eile fällt mir nichts besseres ein als im zu erzählen, dass mein Name LassmicheinfachinRuhe sei. Und weg ist er. Für den ganzen Abend. Abarakadabara – und er war nicht mehr da. Unfassbar! Ich muss gestehen, dass ich ein wenig enttäuscht war.

Die Band habe ich dann wieder als Softie aus 8000 München 90 genossen und: Wir haben nach Konzertende ein Foto mit dem Sänger gemacht. Wie damals in den 90ern.

Tomster hat sich im Moshpit noch den ein oder anderen Freund gemacht und ist dort wohl verloren gegangen. Auf dem Heimweg habe ich ihn arg vermisst. Bitte grüßt ihn herzlich, wenn ihr ihn trefft.

 

 

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